Literarische Gesellschaft Thüringen

Literarische Gesellschaft Thüringen

#33 Juliane Karwath

Audio herunterladen: MP3 | AAC | OGG | OPUS

Christoph Schmitz-Scholemann im Gespräch mit Martin A. Völker über Leben und Werk der Weimarer Schriftstellerin Juliane Karwath

Ein Werwolf hetzt den jungen Müller Crispin durch Wälder und Gebirge. Auf seiner magischen Reise kreuzen weitere wilde Naturwesen und der sagenhafte Martin Pumphut Crispins Weg. Lebensgefährliche Situationen wechseln sich ab. Nichts ist so, wie es zu sein scheint. Aber im Scheinhaften lockert sich die fest gefügte Realität. Alles wird möglich, und im Eros findet der Mensch, dieser größte Dämon von allen, zur guten Natur zurück. Die heute vergessene Schristellerin Juliane Karwath versetzt ihre Leserschaft in ein Kaleidoskop lebendigster Fantasie. Mit einer Sprache, die an alte Märchen erinnert und doch der literarischen Moderne angehört. Das Erwachsenenleben wandelt sich beim Lesen in ein kindliches Abenteuer, wie wir es in unseren Träumen erleben und im Wachzustand ersehnen. Wiederentdeckt und mit einem Essay versehen von dem Literaturarchäologen Martin A. Völker.

Juliane Karwath wurde am 16. Juli 1877 im elsässischen Straßburg geboren und verstarb am 15. Dezember 1931 in Weimar. Verwurzelt waren vorige Generationen der Familie Karwath in Schlesien, in der Gegend um Kreuzburg, heute Kluczbork in Polen, wo sich die »Karwaths-Mühle« befunden haben soll. Mit ihren Eltern verließ Juliane Straßburg und wurde in der oberschlesischen Stadt Neisse (Nysa) heimisch. Die Natur und die Mythen der Region entzündeten die Fantasie der angehenden Schriftstellerin, die sich ebenso gewünscht hätte, Malerin zu werden. Ein schweres Augenleiden vereitelte jedoch die künstlerischen Ziele. Sie fand zum Beruf der Lehrerin und erst später wieder zum Schreiben zurück, inspiriert von der neuen Wahlheimat Thüringen, die sie an ihre schlesische Kindheit erinnerte und an die Müller der »Karwaths-Mühle« denken ließ. Zu den bekanntesten Werken der Juliane Karwath gehört ihr Roman »Das schlesische Fräulein«. Die Schriftstellerin Toni Schwabe, die ebenfalls eng mit Weimar verbunden war, schreibt 1918 über dieses Buch, es sei »von einer ungewöhnlich feinen Gedanklichkeit« und gefüllt mit »psychischen Erkenntnissen. Lesenswert in jedem Sinn«. Karwaths »Abenteuer des Müllers Crispin« verbinden das Seelenleben mit einem reichen Naturerleben. Psyche und Natur werden überbrückt wie durchzogen von Mythen und Märchen.

Der Herausgeber Martin A. Völker wurde 1972 in Berlin geboren und lebt dort als Kulturmanager und Schriftsteller, Mitglied im PEN-Zentrum Deutschland. Neben Lyrik und Kurzprosa veröffentlicht er Essays zu heute unbekannten Autorinnen und Autoren, deren Werke er wiederentdeckt und neu herausgibt. Erschienen sind in dieser Form u.a. Texte zu bzw. von Peter Baum, Katarina Botsky, Marco Brociner, Axel Lübbe sowie Clara Nast und damit in den letzten zwei Dekaden eine ganz eigene Geschichte literarischer Sedimente, eine Literaturgeschichte jenseits des Kanons, die sich gezielt dem Vergessenen und Verdrängten zuwendet. Aber auch der Kanon findet in Völker seinen steten Herausgeber und Interpreten: Mehrbändig veröffentlichte er die Werke Fontanes, Lesssings und Raabes.

Moderation: Christoph Schmitz-Scholemann (Weimar)

Aufzeichnung einer Veranstaltung in der LiteraturEtage vom 19. Januar 2023.

Erstsendung: Radio Lotte, 14.03.2023, 22:00-23:00 Uhr


Kommentare


Neuer Kommentar

Durch das Abschicken des Formulars stimmst du zu, dass der Wert unter "Name oder Pseudonym" gespeichert wird und öffentlich angezeigt werden kann. Wir speichern keine IP-Adressen oder andere personenbezogene Daten. Die Nutzung deines echten Namens ist freiwillig.

Über diesen Podcast

Die LGT fördert seit 1991 aktiv die Literatur und Kultur in Weimar und Thüringen. Sie organisiert Festivals und Wettbewerbe, Werkstätten und Lesungen, veröffentlicht Bücher und Magazine. In unserem Podcast stellen wir euch die Literatur und das literarische Leben rund um die LGT vor.

Einzelne Folgen sind an jedem 3. Dienstag im Monat von 22:00–23:00 Uhr auf dem Weimarer Stadtsender www.radiolotte.de zu hören.

www.literarische-gesellschaft.de

von und mit Guido Naschert, Stefan Petermann

Abonnieren

Follow us